Grundlagen des Forschungsdaten­managements

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    Forschungsethik

    Die Arbeit mit Forschungsdaten ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Das trifft in besonderem Maße auf die Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften zu, deren Forschungsgegenstand häufig Menschen sind und dadurch sensible, personenbezogene Daten den Kerngegenstand der Forschung bilden. Dabei können verschiedene ethische Prinzipien in Konflikt miteinander geraden – so kann das Ziel der Offenheit und Transparenz des Forschungsprozesses einerseits dem Schutz der Forschungssubjekte andererseits widersprechen. Institutionen und Fachgesellschaften haben daher Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis entwickelt, in denen ethische Richtlinien festgehalten werden.

    Eine gute FDM-Praxis kann Ihnen dabei helfen, in allen Phasen des Datenkurationslebenszyklus von der Planungs- bis zur Archivierungs- und Nachnutzungsphase wichtige ethische und rechtliche Aspekte stets im Blick zu behalten.

    Dieser Artikel gibt einen Einblick in die wichtigsten ethischen Themen für das Datenmanagement. Die relevanten Inhalte der rechtlichen Aspekte sind den einzelnen Prozessschritten zugeordnet.

    Gute wissenschaftliche Praxis

    Ethische Überlegungen sind im gesamten Datenkurationslebenszyklus relevant: Während Datenerhebung & Verarbeitung, Speicherung und Löschung von Daten, Archivierung und Nachnutzung. Missbrauch und unethischer Nutzung kann im gesamten Datenkurationslebenszyklus passieren. Einige Beispiele dafür, welche Formen unethische Nutzung und Datenmissbrauch annehmen können, sind:

    • Erheben personenbezogener Daten ohne informierte Einwilligung der befragten Personen
    • Speicherung personenbezogener Daten, ohne ausreichende Schutz und Sicherheitsmaßnahmen zu treffen (z.B. indem diese für unbefugte Personen zugänglich sind)
    • Veröffentlichen von Daten, die die Privatsphäre der Befragten verletzen (z.B. nicht anonymisiert)
    • Nachnutzen von Daten, die andere Forschende unter einer CC-BY 4.0 Lizenz publiziert haben, ohne dass die Namen der Urheber*innen genannt worden sind.

    Daher gilt es, Forschungsethik bereits bei der Antragstellung sowie beim Schreiben eines Datenmanagementplans (DMP) in die Überlegungen einzubinden. Dies trägt dazu dabei, Datenmissbrauch und unethische Nutzung von Daten zu verhindern und einen verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsdaten zu fördern.

    Um einem Missbrauch von Forschungsdaten entgegenzuwirken und ethische Forschungsgrundsätze fest zu verankern, wurden die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis von Organisationen wie der DFG verfasst:

    Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der DFG

    In Bezug auf Forschung bietet die DFG die „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis„. Hier ein Auzug aus dem Abschnitt Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte (Leitlinie 10):

    • mit Forschungsfreiheit verantwortlich umgehen
    • Rechte und Pflichten berücksichtigen
    • Genehmigungen und Ethikvoten einholen und vorlegen
    • Einschätzung der Forschungsfolgen
    • dokumentierte Vereinbarungen über Nutzungsrechte an Forschungsdaten und –Ergebnissen

    Insbesondere für die Sozial-, Bildungs- und Verhaltenswissenschaften als Disziplinen, die vielfach mit sensiblen personenbezogenen Daten arbeiten, sind diese Überlegung besonders wichtig. Denn hier spielen neben dem ethischen Umgang der Forschenden miteinander innerhalb der Wissenschaftscommunity besonders auch der Schutz der Forschungssubjekte (der „Beforschten“) eine herausragende Rolle.

    Ethische und rechtliche Prinzipien gegenüber der Beforschten:

    • Freiwilligkeit der Teilnahme als Voraussetzung einer Studie
    • Das Prinzip der informierten Einwilligung
    • Schutz der Teilnehmenden durch Sicherstellung der Anonymität
    • Vermeidung von Risiken
    • Gewährleistung von Persönlichkeitsrechten (Dritter)

    Ethische und rechtliche Prinzipien gegenüber der wissenschaftlichen Gemeinschaft und Mitforschenden:

    • Wahrung des Rechts am eigenen Werk (vgl. Urheberrecht)
    • Kenntlichmachen eigener und fremder Vorarbeiten und die korrekte Zitation Dritter
    • Erkennen und Vermeiden wissenschaftlichen Fehlverhaltens, z.B. Datenfabrikation

    Best-Practice-Sammlung zur Forschungsethik

    Wann ist Forschung begutachtungsrelevant? Welche Anforderungen an Ethikleitlinien verschiedener Disziplinen gibt es? Wo finde ich geeignete Tools und Checklisten für einen ethischen Umgang mit meinen Forschungsdaten?Mit dieser Best-Practice-Sammlung stellt der RatSWD Informationen rund um das Thema Forschungsethik und Antworten auf diese Fragen für verschiedene Nutzergruppen – z.B. Forschende, Lehrende und Mitglieder von Ethikkommissionen – aus verschiedenen Disziplinen zur Verfügung.

    Was sind besonders schützenswerte Daten?

    Ein wichtiger Aspekt eines guten FDM besteht darin, die Schutzbedürftigkeit bestimmter Daten zu kennen und sicherzustellen, dass entsprechende Maßnahmen im Datenkurationsprozess ergriffen werden, um ihren angemessenen Schutz sicherzustellen. Das ist gerade in den Sozial-, Bildungs- und Verhaltenswissenschaften relevant, da hier zumeist personenbezogene Daten oder solche, bei denen der Bezug zu Personen hergestellt werden könnte, verarbeitet werden.

    Zur Regelung der Verarbeitung personenbezogener Daten gibt es seit 2016 die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der europäischen Union. Art. 4 der DSGVO definiert personenbezogene Daten als „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person […] beziehen“. Besonders sensible personenbezogene Daten werden im Art. 9 nochmals gesondert hervorgehoben, wozu unter anderem die folgenden Arten von Information gehören:  

    • ethnische Herkunft,
    • politische Meinungen,
    • religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen,
    • Gewerkschaftszugehörigkeit,
    • genetische, biometrische und Gesundheitsdaten, sowie
    • Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer Person.

    Die Verarbeitung dieser sensiblen Daten ist nach der DSGVO grundsätzlich untersagt, es sei denn, die Betroffenen stimmen dem ausdrücklich zu, oder ein anderes Gesetz erlaubt es. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass diese Voraussetzungen bei der Arbeit mit dieser Art von Daten – wie etwa das Vorliegen einer gültiger informierten Einwilligung – von Beginn an im FDM-Prozess mitgedacht werden.

    Um eine ethisch und rechtlich unbedenkliche Veröffentlichung, Archivierung, und Sekundärnutzung von Daten zu gewährleisten, sollten einige Bedingungen erfüllt sein, etwa:

    • Forschende sollten teilnehmenden Personen vor der Datenerhebung eine informierte Einwilligung zur Datenverarbeitung und Aufbewahrung vorgelegt haben.
    • Datenmanager*innen und Institutionen sollten die Möglichkeit einer sicheren Veröffentlichung, ggf. mit der Option zur Wahl von Schutzklassen anbieten/ermöglichen.
    • Sowohl Forschende als auch Datenkurator*innen sollten die nötigen Richtlinien und Ansprechpartner für relevante Fragen kennen und befolgen (z.B. disziplinspezifische Richtlinien, die zuständige Ethikkommission für die jeweilige Institution, geltende Gesetze).

    Selbst wenn all diese Bedingungen erfüllt sind, werden nicht alle Daten stets veröffentlicht werden können. Auch in diesem Falle sollte aber gewährleistet sein, dass zumindest die Metadaten offen zugänglich sein – denn auch wenn ein Datensatz nicht zur Nachnutzung freigegeben werden kann, können auch diese Informationen und ihre Auffindbarkeit können von großem Wert für die Forschung sein.

    Der Artikel „Forschungsdatenmanagement bei personenbezogenen Daten – eine Handreichung“ (DOI: 10.5281/zenodo.7428524) bietet eine umfassende Übersicht über Inhalte, Verweise und Vorgehensweisen im Umgang mit personenbezogenen Daten. Außerdem finden sich hier eine Vielzahl weiterführender Materialien.